Podiumsdiskussion zum Zustand der deutschen Filmkritik: »Wer stirbt zuerst?«

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Am Freitag, den 15. September fand im Rahmen des 29. Internationalen Filmfest Oldenburg eine Podiumsdiskussion zum »Zustand der deutschen Filmkritik« statt.

Der Berliner Filmkritiker Rüdiger Suchsland moderierte eine intensive und auch kontroverse Diskussion zum Thema, die durch Festivaldirektor Torsten Neumann eröffnet wurde und mit der These »Wer stirbt zuerst? Wenn die Filmkritik verschwindet, dann verschwindet auch das künstlerische Kino und bald auch unabhängige Festivals« startete.

Unter Beteiligung vieler beim Filmfest Oldenburg anwesender Filmkritiker, Filmemacher und filminteressierter Gäste wurde in der Diskussion konstatiert, dass Filmkritik gesellschaftlich stark an Relevanz verloren hat und man lieber der Schwarmintelligenz des Mainstream und der Algorithmen vertraut. Filmkritik ist heute fast vollkommen zum Dienstleister, zur PR-Serviceinstitution geronnen, die dem Publikum ein gutes Gefühl, den Kinos ein paar Zuschauer und allen gemeinsam »werbend wertende« Inhalte bringen soll. Kritik hingegen, die sich und ihren Gegenstand als Kunst ernst nimmt, scheint ungewollt – am wenigsten in vielen Redaktionen, die sich einst mit ihr schmückte. Das Publikum hingegen will und braucht Kritik sehr wohl. Genau wie die Filmemacher und die Festivals.


Aus der Diskussion heraus wurden folgende Forderungen für das Überleben der Filmkritik formuliert:

- In der Filmkritik ist mehr ästhetische Diversität nötig! Gegen den geschmacklichen Totalitarismus und den Totalitarismus des Mainstream.

- Filmkritik muss sich der Verteidigung der Kunst verschreiben und darf sich nicht einseitig dem Aktivismus einer vermeintlich progressiven Gesellschaftsentwicklung unterordnen.

- Die zeitgenössische Filmkritik darf ihren Gegenstand nicht verachten und muss die eigene Formvergessenheit und ihren Inhaltismus abstreifen.

- Gesinnungskritik, also Filmkritik aus einer moralischen Warte heraus, wird die Krise der Filmkritik nur weiter verschärfen.

- Unabhängiger, künstlerischer Film und deren Sichtbarkeit im Kino und auf Festivals braucht unabhängige, freie Filmkritik, die selbstbewusst um ihren Wert weiß.



Das 29. Internationale Filmfest Oldenburg versteht die Veranstaltung als ersten Anstoß zu einer dringenden Weiterführung dieser Diskussion zum Zustand der Filmkritik, damit die Fragestellung »Wer stirbt zuerst? - Die Filmkritik oder der unabhängige künstlerische Film und deren Festivals?« obsolet wird.



Der Mitschnitt der Veranstaltung wird zeitnah unter https://youtu.be/iUKilh0b0tc  zur Verfügung gestellt.

Fotos der Podiumsdiskussion zum Download sind hier zu finden: https://filmfest-oldenburg.de/de/presse/pressematerial-events/ 

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