Filmfest Oldenburg ehrt Ovidio G. Assonitis mit einer Retrospektive

02Portrait Ovidio

Mit dem in Alexandria geboren Produzenten und Regisseur Ovidio G. Assonitis ehrt
das diesjährige Filmfest einen authentischen und unabhängigen Geist, dessen Filme Fans und Cineasten als »Guilty Pleasure« feiern und viele Filmemacher inspiriert haben.

Die reinste Form eines unabhängigen Filmemachers kann vielleicht nur aus dem Verständnis des unauflöslichen Zusammenhangs zwischen filmischer Umsetzung und finanziellem Aufwand entstehen. In diesem Sinne ist Ovidio G. Assonitis seit über 50 Jahren einer der wenigen wirklich eigenständigen und unabhängigen Filmemacher geblieben.

»I am a real 100% Independent Filmmaker. Everything started from my desk and ended at my desk«, ist seine erfrischende Sicht auf eine Kunstform, die sich zwischen künstlerischem Ausdruck und finanziellen Bedürfnissen immer mehr in eine Industrie verwandelt hat. Ohne die Fähigkeit, seine Visionen auch in ein finanzierbares Konzept einzubinden, gibt es keine Unabhängigkeit.

In Ägypten geboren, in Griechenland aufgewachsen und in Italien lebend – ein Bürger des Mittelmeerraums – so bezeichnet sich der Filmemacher selbst. Ovidio G. Assonitis erste Verbindung zum italienischen Kino und der Filmbranche an sich entstand durch seinen Vater, Romeo Assonitis. Mitte der 1960er Jahre begann Assonitis aus einem kleinen Büro heraus, nur mit einer Sekretärin, seinen eigenen Vertrieb von Filmen der Genres Western, Thriller, Horror und Action. Bis 1976 verlieh er mehr als 1000 kommerziell erfolgreiche Filme vor allem im südostasiatischen Raum. Einer seiner wichtigsten, früheren Partner war ein Cousin des thailändischen Königs, Seine Königliche Hoheit Prinz Anusorn. Gegen Ende der 1960er Jahre begann Assonitis seine ersten Independent Filme zu produzieren.

In seiner erfolgreichsten Zeit in den 1970ern wurde er oft geringschätzig »King of the Rip Offs« genannt. Aber darin zeigt sich auch sein großes Talent für kommerzielles Gespür gepaart mit der filmischen Sensibilität, die seine mit so viel geringerem Budget als ihre Blockbuster Vorbilder umgesetzten Werke wie »Tentacles« (1977) oder »Beyond the Door« (1974) auszeichnen und manchmal sogar zu einer Bedrohung für Hollywood machten.

Man möchte einen Vergleich zur Kunst ziehen und Assonitis’ Filme als eine Art gespiegelten Pointillismus bezeichnen. Ja weiter entfernt man auf sie schaut, desto weniger verraten sie von seiner kunstvollen Erzählweise. Geht man ganz nah heran entdeckt man Szenen und Sequenzen, die eine einzigartige Schönheit und visuelle Kraft ausstrahlen. Mit solchen Momenten hat er zahlreiche Fans begeistert und namhafte amerikanische Genrefilmer inspiriert, zu denen Joe Dante und sicher auch Quentin Tarantino zählen.

Seine Berührungen mit der Blockbusterindustrie Hollywoods sind legendär. Mit »Beyond the Door«, diesem eigenwilligen und dann doch ganz eigenen Mix aus »The Exorcist« und »Rosemaries Baby«, gelang ihm ein so großer kommerzieller Erfolg, dass Warner ihn, aus Angst er könne ihnen bei einem Sequel zuvorkommen, auf Verletzung von visuellem Copyright verklagte. Ein aussichtsloses Unterfangen, das Assonitis‘ Film nur erfolgreicher machte und damit endete, dass Warner ihm einen Deal offerierte seine nächsten vier Filme auszuwerten. Ein Sieg Davids gegen Goliath.

Einer dieser Filme wurde dann »Piranha 2 – The Spawning«, der das Debüt von James Cameron markiert und dessen Produktionsgeschichte ebenso legendär ist, wie die danach folgende Karriere Camerons. Assonitis feuerte den jungen Regisseur nach zwei Wochen Dreh und übernahm selbst die Regie, als Cameron den Drehplan und das Budget schon weit überschritten hatte. Etliche Stories und Legenden ranken sich um die Entstehung dieses Films.

Die atmosphärischen Unterwasseraufnahmen bei »Tentacles«, seinem von »Jaws« inspiriertem Epos um einen mutierten Riesenkraken, der an der kalifornischen Küste sein Unwesen treibt, setzte der italienische Kameramann Roberto D’Ettorre Piazzoli um. Assonitis arbeitete mit ihm auch bei fünf anderen Filmen zusammen. Für »Beyond the Door« und »Out of Control« war Piazzoli unter dem Pseudonym Robert Barrett sein Ko-Regisseur. Auch bei der Umsetzung der Musikscores legte Assonitis größten Wert auf langfristige Partnerschaften und arbeitete mit einigen der besten italienischen Filmkomponisten zusammen. Stelvio Cipriani etwa schuf für »Tentacles« und »Piranha 2« legendäre Soundtracks. Später arbeitete er, wie auch ein anderer Komponist Assonitis’, Franco Miccalizzi, für Quentin Tarantino, der seine Vorliebe für das italienische Genrekino in der Wahl seiner Scores zum Ausdruck brachte.

Nach seinem letzten Film im Jahr 2003 »Red Riding Hood« ist der heute 78-jährige weit von seinem Ruhestand entfernt. Seither widmet Assonitis sich der Entwicklung neuer Kino- und Serienproduktionen und arbeitet an Remakes seiner Kultfilme. Zu alledem ist er seit 2003 erneut im Distributionsgeschäft für Südostasien und Malaysien.

Ovidio G. Assonitis wird vom 15. bis zum 19. September 2021 in Oldenburg zu Gast sein.

 

 

Die Filme der Retrospektive

Im Rahmen der Retrospektive werden in Oldenburg die folgenden Filme zu sehen sein:

 

»Who Saw Her Die« (ITA 72, Regie: Aldo Lado / Produzent: Ovidio G. Assonitis)

»Beyond the Door« (ITA/USA 74, Regie: Ovidio G. Assonitis, Robert Barrett)

»Tentacles« (ITA 77, Regie: Ovidio G. Assonitis)

»The Visitor« (ITA 79, Regie: Giulio Paradisi / Produzent: Ovidio G. Assonitis)

»Madhouse« (ITA 81, Regie: Ovidio G. Assonitis)

»Piranha 2 – The Spawning« (USA 81, Regie: James Cameron / Produzent: Ovidio G. Assonitis)

 

Material zu den genannten Filmen finden Sie auf unsere Website unter Pressematerial-Filme.

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